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Schöner Wohnen: Wie lebt der Architekt?

Ein Blick in die vier Wände des Architekten Christoph Scheithauer. Er denkt bei seinen Projekten in großen Dimensionen. Bei seinem eigenen Zuhause in Freilassing hat er sich auf das Wesentliche beschränkt.

Groß denken auch im Kleinen: Petra und Christoph Scheithauer vor ihrem privaten Domizil.
Groß denken auch im Kleinen: Petra und Christoph Scheithauer vor ihrem privaten Domizil.

Der Stadtteil Hofham zählt zu den lieblichen Ecken im Süden von Freilassing. Zwischen den schachbrettartigen Straßenverläufen liegen fast nur Einfamilienhäuser mit großen Gärten. Christoph und Petra Scheithauer schufen sich hier vor 15 Jahren ihr Zuhause. Der in Landshut geborene Architekt hat sein Büro in Salzburg. Seine Arbeiten zeichnen sich oft durch große Dimensionen aus: Das Nationalparkzentrum Hohe Tauern in Mittersill, Bauten für das Gusswerk, die Panzerhalle, das Motel One am Elisabethkai und mehrere Wohnanlagen in Salzburg stammen aus seinem Büro. In Bayern hat cs-architektur Wohnbauten in Freilassing, Altötting und Wasserburg realisiert sowie den Umbau eines ehemaligen Hallenbads zu einem Bürgerzentrum in Unterwössen im Chiemgau.

Das Zuhause für ihn, seine Frau und seine beiden Kinder ist mit knapp 140 Quadratmetern im Rahmen geblieben. Das war zum Teil den bereits 2008 hohen Kosten für Grund und Boden geschuldet, erzählt Petra Scheithauer: "Außerdem war uns klar, dass unsere Kinder irgendwann flügge werden. Nur für uns zwei ergab ein Riesenhaus einfach keinen Sinn. Für Freunde und Gäste haben wir ausreichend Platz und es funktioniert ebenso, wenn wir nur zu zweit sind."

Das Haus im Kopf

Zuvor wohnte Familie Scheithauer in Freilassing in Miete und war lange Zeit auf der Suche nach Eigentum. Im Großraum Salzburg war Wohnraum für eine vierköpfige Familie mit einem Alleinverdiener schon damals kaum leistbar. Als im Stadtteil Hofham ein kleines Grundstück in schöner Lage zu einem günstigen Preis angeboten wurde, war die Entscheidung rasch gefällt. Anders als bei einer Wohnung konnte sich der Architekt hier endlich verwirklichen. Er hatte sofort einen Entwurf, der für das Grundstück passte und auch realisiert wurde. Christoph Scheithauer sagt mit Blick auf die erste Skizze, die heute im Wohnzimmer hängt: "Ich kenne Kollegen, die sich ihr Haus lieber planen lassen, weil sie sonst nie fertig werden. Wir sind da eher pragmatisch. Für sich selbst zu planen hat auch seinen Reiz."

Die Idee, wie sein Haus konstruiert sein sollte, hatte Christoph Scheithauer schon im Kopf. Ein Passivhaus sollte es werden, und ein Massivholzbau aus großformatigen plattenförmigen Vollholzelementen. 2008 war diese Bauweise gerade erst zur Marktreife gelangt. Den Architekten überzeugten das natürliche und vielseitige Material, die kurze Bauzeit und die Möglichkeit, in die Brettschichtholzwände "mit der Kettensäge" nach Belieben nachträglich ein zusätzliches Fenster zu schneiden. Das ist bis heute nicht passiert. Allerdings fanden die zuvor festgelegten und mitgelieferten Ausschnitte für Fenster und Türen im Haus Wiederverwendung. Die "Haustür" wurde zur Tischplatte für den Küchentisch.

In elf Monaten bezugsfertig

Vom Grundstücksangebot bis zum Einzug vergingen nur elf Monate. Die Bauzeit beschränkte sich dank der Massivholzbauweise auf viereinhalb Monate. Die Familie staunte nicht schlecht, dass sämtliche Wände und Decken auf nur einen Lastwagen passten und das Haus mit Dachstuhl innerhalb von eineinhalb Tagen stand. Vieles, was danach zu tun war, wurde auf Eigeninitiative und mit Hilfe von Verwandten und Freunden verwirklicht. Die Dämmung, die Holzschalung, die Fensterlaibungen, Winddichtungen und einiges mehr.

Das neue Architektenhaus polarisierte zu Beginn. Asymmetrischer Giebel und nur schmale, schlitzartige Fenster Richtung Straßenseite: So etwas hatte in der Freilassinger Bauverwaltung damals offenbar noch kein privater Bauherr zur Bewilligung eingereicht. Auch die Nachbarn diskutierten darüber, ob es nicht sehr dunkel in dem neuen, graphitgrau gestrichenen Haus werden würde. Petra Scheithauer bat ins Innere, wo sich Skeptiker vom Gegenteil überzeugen konnten.

Ein Haus wie ein Theater mit großer Bühne für die Natur

Eine Bühne für die Natur
Eine Bühne für die Natur

Das Haus ist fast wie ein Theater angelegt. Während es auf den drei sonnenabgewandten Seiten kaum Fenster gibt, hat die nach Südwesten ausgerichtete Gartenseite raumhohe Fensterelemente, durch die natürliches Licht ins Innere kommt. Die große Bühne gehört der Natur und dem durch die vorbeiführende Bahnlinie unverbaubaren Blick in die Salzburger und Berchtesgadener Kalkalpen.

Optimale Sonnenausbeute mit minimaler Einsehbarkeit

Die Ausrichtung des Hauses sorgt für minimale Einsehbarkeit und gleichzeitig für optimale Sonnenausbeute, während der Dachüberstand im Sommer Schatten spendet. Mit der Natur und den Tageszeiten leben - das schätzt die Architektenfamilie an ihrem Zuhause ganz besonders.

Viel Privatsphäre durch die Situierung der Fenster.
Viel Privatsphäre durch die Situierung der Fenster.

Das Haus wird von der Nordseite betreten. Im eingeschoßigen und im Grundriss trapezförmigen Anbau nach Südwesten liegen die beiden einstigen Kinderzimmer. Damit hatten die Teenager ihre eigene, von den Eltern weitgehend abgetrennte "WG" samt Badezimmer und die Küche immer in der Nähe. Loggiaartige Freibereiche und geschützte Nischen vor den Erdgeschoßräumen sorgen auch draußen für Privatsphäre.

"Wir haben gleich erkannt, dass die Aussicht das Großartige an dem Grundstück ist, deswegen war klar, dass Kinder und Küche nach unten kommen und das Wohnzimmer nach oben."
Christoph Scheithauer
Architekt

Über eine schmale, vom Architekten selbst verlegte Holztreppe gelangt man in den ersten Stock. Den bis unter den Giebel offenen Wohnraum durchflutet im Winter die Sonne. Im Sommer beschattet der Dachüberstand die ganzflächigen Fenster. Über dem Kinderzimmeranbau im Erdgeschoß liegt eine große, ebenfalls kaum einsehbare Terrasse, mit Blick vom Gaisberg über Festung Hohensalzburg und Untersberg bis weit hinein in die Chiemgauer Alpen. Hier kann die Familie in aller Ruhe die Sonne genießen - abgeschirmt von Alltag und Passanten.

Hell- und Dunkeltöne prägen die Innenräume.
Hell- und Dunkeltöne prägen die Innenräume.

Die Innenräume sind von Hell- und Dunkeltönen geprägt, die Wände durchgehend sandfarbig gestrichen, mit Akzentuierungen von Dunkelbraun bis Schwarz. Bei den Möbeln sind die Scheithauers erfinderisch und pragmatisch. Vieles wurde vom Architekten selbst entworfen und realisiert. Es gibt sogar einen von ihm nachgebauten Rietveld-Stuhl. Die Couch im Gästezimmer wurde noch aus der Studentenzeit herübergerettet. Dazwischen darf es auch einmal ein Raumteiler vom Möbelmarkt sein. Die teilweise großformatige Kunst an den Wänden, die Pflanzen und Blumen sowie der Nippes kommen aus der Hand von Petra Scheithauer.